Die Zeit steht still im versteinerten Schloss
Monika Klein | Rheinische Post, 10 February 2017
Der belgische Künstler Hans Op de Beeck hat das Museum Morsbroich in The silent Castle verwandelt. Teppichböden, Raumskulpturen und Bilder in Weiß, Grau und Schwarz schaffen eine Atmosphäre der Ruhe und Konzentration.
Unwillkürlich schaltet man beim Betreten des Museums Morsbroich in den Flüstermodus. Das Konzept, nach dem der belgische Künstler Hans Op de Beeck beide Schlossetagen in ein Silent Castle verwandelt hat, greift bereits im Eingangsraum mit seinem "größten Stillleben". Grauer Teppichboden dämpft ab hier die Schritte und Stimmen in allen Räumen. Die Anordnung mittendrin, die als Bühnenbild für ein Theaterstück dienen könnte, erscheint - komplett mit mattgrauer Farbe überzogen - wie eingefroren oder versteinert. Und das ist es tatsächlich. Op de Beeck hat nicht etwa fertige Möbelstücke und die vielen menschlichen Hinterlassenschaften wie Kerze, Schuh, Jacke, Kaffeebecher oder Pizzakartons benutzt und eingefärbt. Jeder einzelne Gegenstand wurde aus Gips abgeformt, zum Teil mit tragender Holzkonstruktion darunter.
Das trifft auch auf den Konzertflügel zu, der immer still bleiben wird, oder den ästhetischen aber leblosen Seerosenteich. Nach diesem Prinzip der Stille und Konzentration hat er auch die übrigen Räume des Schlosses möbliert und in größtenteils begehbare Inszenierungen verwandelt, denen die Farbe entzogen wurde. Die Ausnahme bildet eine bunt garnierte Geburtstagstorte für Riesen, beziehungsweise deren nicht mehr ganz frische Überreste. Nichts sei trauriger als die Hinterlassenschaften einer Party, findet der Künstler. Ein ganzes Weihnachtszimmer kurz vor der Bescherung überzog er mit hochglänzend schwarzem Autolack. Der symbolisiert die Erwartung perfekter Familienidylle zum Fest, die keinen Kratzer bekommen sollte, weil sich sonst Abgründe auftun. So wie in seinem Theaterstück "Nach dem Fest", das er für das Schauspiel Frankfurt schrieb und für das er dieses Bühnenbild schuf.
Der Belgier tummelt sich in mehreren Disziplinen. Er schreibt, malt großformatige Aquarelle, entwirft Bühnenbilder und macht Filme, von denen im "Silent Castle" mehrere zu sehen sind. In einem der Videos lässt er eine täuschend echte Urwaldlandschaft entstehen. Manchmal sind die arbeitenden Hände im Bild, die verraten, dass die Wirklichkeit eine Minibühne von einem Quadratmeter Größe ist.
Darauf wächst eine ganze Metropole aus Würfelzucker, deren glitzernde Schönheit unter einer Kaffee-Dusche in Sekunden zerfällt und die Erinnerung an Bilder bombardierter Städte wie Beirut weckt. Op de Beeck versteht sich auf das Handwerk von Imagination und Sinnestäuschung, das Reiz und Zauber des Theaters ausmacht. Vor allem arbeitet er mit Licht, nicht nur im Film. Beim Rundgang durch das Schloss erklärte er, wie er seine Arbeiten positioniert, damit der Lichteinfall genau stimmt.