Es ist still im Museum
Britta Meyer | Wochenende Lokale Informationen, 25 March 2017
Grau ist der Teppich, grau das dreidimensionale Stillleben eines Interieurs mit Sofa, Fensterfront, Stehlampe und zahlreichen Accessoires und Gebrauchsgegenständen. Der ein oder andere mag sich an die versteinerten Relikte Pompejis nach dem Ausbruch des Vesuvs erinnert fühlen. Verlassen, aber so, als hätte eine Sekunde zuvor noch das pralle Leben pulsiert, wirkt die Szenerie, die der belgische Künstler Hans Op de Beeck im Museum Morsbroich zeigt.
Die Vergänglichkeit als begleitendes Moment: Kronkorken, Zigarettenkippen, Pappbecher, Pizzakartons, sie alle fluten das Bild. Daneben Symbole des klassischen Stilllebens: Totenköpfe, Kerzen, Tiere, Weintrauben, eng in der Anlehnung mit traditionellen Vorbilder niederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts. Kein Wunder gehört der Maler Jan Vermeer zu den Vorbildern des 1969 geborenen Op de Beeck. Die aktuelle Ausstellung „The Silent Castle" – das stille Schloss – im Museum Morsbroich ist ein Kunstgenuss der besonderen Art, spielt doch die Aura des historischen Bauwerks eine bedeutende Rolle in der Gesamtwahrnehmung der gezeigten Stücke.
Eigens an die Räume des barocken Baus angepasst wurden Ensembles geschaffen, die scheinbar untrennbar mit ihnen verbunden sind. So empfängt im Obergeschoss ein Rosenteich den Besucher, der aussieht als sei er allein für das Leverkusener Jagdschloss gemacht worden. Inmitten des schwarzen Wasserspiegels gleiten glasgefertigte Seerosen, der weite Blick durch die hohen Fenster in den Park erinnert an einen Wintergarten. Eine Vorstellung, die den von Diergardts, den ehemaligen Besitzern des Schloss Morsbroich, Mitte des 19. Jahrhundert sicherlich gefallen hätte. Die durch den Teppich gedämpften Schritte und das bis ins Detail komponierte Lichtspiel lassen den Besucher wie durch eine verlassene Welt wandeln. Ein stilles Piano, alltägliche Utensilien auf dem Flügel zeugen davon, dass hier erst kürzlich jemand gespielt hat. Lebensgroße Skulpturen von Kindern, in ihrer Tätigkeit versunken, die Außenwelt wird ausgeblendet, ebenso die Plastik einer Frau beim entspannten Genießen ihrer Ruhe – eins mit der eigenen Existenz. „The Silent Castle" zeigt zahlreiche Momente des Lebens, die uns allen bekannt sind und in Hans Op de Beecks Arrangements fast einen voyeuristischen Blick ins Private ermöglichen.
Daneben filmische Arbeiten des Künstlers: Akribisch inszeniert entstehen vor den Augen des Betrachters Welten und werden wieder zerstört. So türmt sich Zuckerwürfel um Zuckerwürfel in eine gigantische Miniaturmetropole auf, die durch kochend heißen Kaffee zum Schmelzen gebracht wird. Vergänglichkeit, Menschliches, Alltägliches – umgeben von einer eindringlichen Stille und doch vom prallen Leben geprägt, das erwartet die Besucher im Museum Morsbroich.