In der Kunst die Ruhe entdecken
Frank Weiffen | Kölner Stadt-Anzeiger, 10 February 2017
Belgier Hans Op de Beeck zeigt in der Ausstellung The Silent Castle seine Werke im Schloss Morsbroich
Diese Ausstellung hat zweifelsohne etwas Düsteres: Große Stillleben, arrangiert in zimmergroßen Schaukästen, dominieren die Szenerie. Schwarz-Weiß-Videos von sich langsam verändernden Arrangements flimmern in abgedunkelten Räumen. Bilder aus dunkler Wasserfarbe scheinen zu zerfließen. Wer das alles so sieht, könnte meinen, der Belgier Hans Op de Beeck sei ein Melancholiker und Schwarzmaler.
Und tatsächlich habe ihn vor nicht allzu langer Zeit einmal eine Dame bei einer Ausstellungseröffnung in seiner Heimat Brüssel genau darauf angesprochen: „Sie hatte mich einige Wochen zuvor in einem Park dabei gesehen, wie ich mit meinen vier Kindern spielte, und war vollkommen perplex, dass ich – der Künstler mit den düsteren Arbeiten – so etwas tue“, erzählt Op de Beeck.
Und lacht. Denn natürlich tue er so etwas. Man solle bitteschön keine Rückschlüsse auf seinen psychischen Zustand schließen, wenn man eine Ausstellung wie „The Silent Castle“ anschaue, mit der er jetzt im Museum zu sehen ist.
Kopfkino anwerfen
Er spiele eben nur gerne mit Erwartungen und Bedeutungen, sagt er. Oder anders ausgedrückt: Op de Beeck macht sich einen Spaß daraus, den Betrachter zu verwirren, ihn auf falsche Fährten zu locken und ein bisschen zu ärgern. Denn eigentlich sei vieles von dem, was er da zeige, ein Fake.
Nicht echt. Ein kleiner Witz. Ein Spielchen, das er einem aufzwingt. Wenn er zum Beispiel ein Sofa aus Gips in den Raum stelle, darum ein Wohnzimmer konzipiere und rund um sowie auf das Sofa ebenfalls aus Gips hergestellte Alltagsgegenstände wie Plastikbecher, Bücher, Getränkedosen oder Aschenbecher drapiere, alles grau in grau, dann sei das im ersten Moment banal. Aber: In den Details – und von denen gibt es viele bei Op de Beeck – könne man sich eben auch verlieren.
Überdimensionale Geburtstagstorte
Womit wir beim Kern seiner Kunst wären: „Es geht mit nicht um Spektakuläres oder Schönes“, sagt er. „Es geht mir darum, in der Kunst Ruhe zu finden. Einfach zu schauen, zu genießen.“
Das sei ja auch das, was etwa ein Werk wie die „Mona Lisa“ so gigantisch mache: Man betrachte sie, und sehe ihre Größe. „Und das obwohl sie doch eigentlich nichts anderes ist als eine Frau, die den Betrachter anschaut.“ Das Kopfkino, die Assoziationen, die ein Bild, eine Skulptur, ein Arrangement anwerfe – darum geht es Op de Beeck.
Und dafür braucht er – die überdimensionale Geburtstagstorte im Erdgeschoss des Schlosses einmal ausgenommen – keine knalligen Farben und krachigen Motive. Nur ein Schloss vielleicht, um all das zu präsentieren. Er fand es in Morsbroich. Und weil es ihm um Ruhe gehe und ein „silent castle“ – ein „stilles Schloss“ – mehr Assoziationen wecke als nur ein „castle“, fühle er sich hier umso wohler.
Entsprechend konzipierte der Belgier diese Schau, die auf Sammlungsleihgaben und Werken aus seinem Atelier basiert, denn auch für diesen Ort. Und schuf eine Ausstellung, für die man zwingend Zeit mitbringen muss, weil man dann in ihr versinken und die Flut der Eindrücke genießen kann.